Sonntag, 11. November 2018

Nota-bene: Heines 'Sommer-Religion'?

Aufgeschnappt – ich wollte wissen als ein Sommerreligion ist: Ich vernahm in einer Quizsendung vom lieben Heine Heinrich zu Katholizismus als einer Sommerreligion
Gegoogelt: H Heine - Katholizismus als Sommer-Wetter

Harry, pardon: Heinrich Heine:

Man mag sagen, was man will, der Katholizismus ist eine gute Sommerreligion.
Es läßt sich gut liegen auf den Bänken dieser alten Dome, man genießt dort die kühle Andacht, ein heiliges Dolcefarniente, man betet und träumt und sündigt in Gedanken, die Madonnen nicken so verzeihend aus ihren Nischen, weiblich gesinnt, verzeihen sie sogar, wenn man ihre eignen holden Züge in die sündigen Gedanken verflochten hat, und zum Überfluß steht noch in jeder Ecke ein brauner Notstuhl des Gewissens, wo man sich seiner Sünden entledigen kann.
(Die Bäder von Lucca. Text by Heinrich Heine (1797-1856). Kap. XV)
Auch ohne den Notstuhl, den Beichtstuhl vergangener Zeiten. Wie oft mag HH diesen „Stuhl“ benutzt haben?

Ein etymologischer Lexikon mag uns behelfen:
Notstuhl“:
a) Ein Nachtstuhl, ein Stuhl, auf dem man seine Not verrichtet (Harnfaß).
b) Ein Gebährstuhl für Weiber in Kindesnöthen.
c) Ein Beichtstuhl auf dem man sich seiner Sünden entledigt. Sich auf den Notstuhl des Gewissens setzen (eine spöttische Anspielung auf Punkt a).


  • Ein Hoch auf die Sommerzeit! 

    Auch in den Herbstlichkeiten 2018: Auch der „Herbst war sehr groß“.
                    Auf unserer Küchen-Verenda: ein hoher Strauss Rosen von Mai bis November
                                                                      © A. Stephan Reyntjes
                   

    . ein Hoch, jedenfalls auf die Jahres-Zeiten des Jahres 2018!

Vergebens: Zum G l ü c k !

Vergebens! Leider! Zum Glück!

Eine Erlebnisezählung -
In der Klasse 8b, seligen Angedenkens. Von denen habe ich aber noch nie geträumt. Aber es lief gut. Alles waren noch der Aufgabenstellung schnell zum Kratzen. (So nannte ich als Lehrer das eifrige Schreibgeräusch, wenn alle beschäftigt sind mit ihrem Thema. Man braucht nicht aufzupassen; keiner schriebt ab.)

Und da erwache ich:
Und freue mich (zum erstes Mal in meiner Biografie als Deutschlehrer!):

Glück gehabt
                                                              © A. Stephan Reyntjes
                     


- dass ich diese Klassenarbeiten nicht mehr korrigieren muss.

So sehe ich mich als pensionierter Deutsch-Lehrer!

Notate:auf einen Cartoonisten!

Ein stählern-schwarzes Geschoss, das uns der Cartoonist schrägt in den gedruckten Raum stellt. Mit einer Kühlfigur: goldene Heuschrecke! Ach, ein BMW? Ein Mercedes? (Oder muss man sagen: 'Daimler'?) 



Schön, das man nachfragen muss, das uns der Zeichner so viel Spielraum im Schwarzen be-lässt. - In der hinteren Frontpartie ein klappbarer Ausstieg, mit rotem Teppich, auf der ein Diener bereit steht, so dass der Redner blumig plappern kann: von Heimat … Was da alles in den vorderen Abteilungen des Vehikels Platz haben mag: wohl Aktien! Ja: BIG MONEY! 

- Ein Hoch dem taffen Zeichner Heiko Sakurei; von dem ich mir weitere Cartoons in PF wünsche.

Wem - ergo: wenn es "glockt"!

In der Ferne läuteten die Glocken von St. Pantaleon in Roxel“

Samstags, auf dem Wege zum Sechswochenamt, eines Freundes – bei strahlender Herbstlichkeit: 
"Bunt sind schon die Wälder, / Gelb die Stoppelwälder..." - mein mir schönstes Herbstlied; auchcin Anbetracht von Mörikes "Sempenterbermorgen":

Ich fuhr – da mir Zeit bliebe - über Schloss Hülshoff (mit einigen Fotos!) weiter auf der Landstraße nach Roxel.. Nachmittags. Im klaren Sonnen-Licht -


                                                               Burg Hülshoff im Herbstlicht (Oktober 2018)
                                                                           © A. Stephan Reyntjes
                            
Noch die Erinnerung an die Briefmarke zum 100. Gedenktag für Heinrich Böll (Weil Böll schon auf der Gaesdonck mein Schutzheiliger war – und er - damals - schon einen Brief von mir beantwortet hatte! Selige Erinnerungen! - Aber, warum Böll...? Te ipsum cura, medice.):



Also: Ich war un6erwegs zum Sechswochenamts für den alten Freund, den Konabiturienten. Er war am 6.9.2018 gestorben und mit einem Totenzettel:



Totenzettel von L.M.
(Mit einem schönen Foto):

Gestern
Warst Du bei uns mit Deinen Sprüchen und deinem Lächeln.
Heute
Bist Du in unserer Trauer
Und in unseren Tränen.
Morgen
Wirst Du bei uns sein in unseren Erinnerungen, in Erzählungen

Und in unseren Herzen.


Abends, zu Hause, trotz der ErInnerungen an Grab, Familie, sog. „Heiliger Messe“ in St. Pantaleon in Roxel:
Ich las noch abends aus meiner Neuerwerbung: Karen Duves Fräulein Nettes kurzer Sommer. Roman. 2018. S. 253):
                                               Grab eines Freundes in Roxel © A. Stephan Reyntjes


Karen Duves Droste-Roman:

In der Ferne läuteten die Glocken von St. Pantaleon in Roxel.

Aber, so regt sich mir ein erzählerisches Bedenken: Waren da die Glocken „unterwegs“? Was zeigen sie an? Frau Duwe erklärt nichts. Es war nur ein Abend mit Abendessen auf Schloss Hülshoff. Und da waren die Glocken aus Roxel zur Stelle? Ohne einen erzählerischen Belang; sie be-deuten nix, nur den Abend? 

Ein kleiner Resonz-Raum:

Nur mir hat es ge - ge-g l  ö c k t.*]

*] glöcken im mhd. 'wie eine glocke klingen':
die brunnen hort ich lustlich tosen
uz herten velsenclosen
so süezlich her geglöcket. (minneburg bei Lexer nachtr. 214)
 
* * *
 
.. mit Nachtrag vom Januar 2022 -  



Donnerstag, 15. Februar 2018

O R P L I D - verFEHLt -







Ein Häschen - blutig - geRISSsen von der Katze - Orplid verfeht!


O r p l i d  –  ach, von Orplid … keine Spur:

Franz Zeder, der plustrig-feuilltonistische Schreiber (der Seiten 127 - 364, in: Thomas Mann - Stefan Zweig. Briefwechsel, Dokumente und Schnittpunkte. Hrg. v. Katrin Bedenig und Franz Zeder. Ffm. 2016); wie ich anzeigte. Zeder zitiert SZWEIG simplifizierend : „Herrlich war diese tonische Welt von Kraft“.
„Gemeint war Paris [Verweis auf Belegstelle in WvonG. 1982; S. 229], das sogar dem Berliner Tucholsky als das ferne Orplid vor Augen stand: 'Mensch, einmal nur auf dem Boulevard', lautete ein Vers in einem seiner Chansons“ (S. 155) - sine loco et anno; aus der Bibliografie im Bd. kann man raten: ohne Quelle, ohne Relevanz, ohne WAHRheit
Bei KT gibt es keine Reminiszenz an „Orplid“; ja, Mörike wird pauschal, ohne Kenntnis, wie sie z. B. H. Hesse hatte, summarisches Lob für romantisches Getue, pardon!

KT? Gemeint sein könnte sein Feuilleton Paris. Da und dort wimmelte es von Menschen auf seinen Boulevards, Doch kein Gesang oder sonstig lyrisch Assonantisches von lasch verkündeten Orplid.
Vgl.: Kurt Tucholsky. In: Die Weltbühne, 22.05.1924, Nr. 21, S. 689.

Wo ver-bleibt es denn, das Orplid der Mörikeschen Knabenträume im Koppe des KT, nach Franz Zeder?In Kurt Tucholskys großartigem Bericht "Saisonbeginn" aus dem Jahre 1922, der deutsche, nationalsozialistische, antijüdische Unarten in einem Badeort an der Ostseeküste illustriert und analysiert, finden wir die Frühjahrszeit mit Mörikes Frühlingsgruß aus „Er ist's“ eröffnet:
"Oben an der Nordostküste Deutschlands rollen die Wogen in lan­gen Linien auf den Strand   es ist sehr kalt und frisch, und der Sand ist ganz naß. Horch! läutets da nicht silberhell durch die Lüfte? Du hast dich nicht verhört, herzliebster Leser: ist ers doch, der rosafüßige Frühling, der soeben   mit Genehmigung der zu­ständigen Wetterwarte   seinen Einzug gehalten hat. Frühling, ja, er ists! Marie, der Lenz ist da   und allenthalben hebt ein geschäf­tiges Leben und Treiben an und versetzt die biedere Bevölkerung der Wasserkante in die höchste Aufregung. (...)"
(Peter Panter, WB 11. 5.1922; aus: K.T.: Texte und Briefe. Bd. 5. Texte 1921 - 1922. Reinbek 1999: Verlag Rowohlt. S. 339 - 343; Erläuterungen zu diesen Text # 149, s. ibid. S. 782f.)

Aber auch dorten kein „Orplid“ in KT.s literarischem Gewissen und Ausdruck.


O r p l i d  – erschürft von Sängern – doch auch von Schätzern und Schwätzern:

Ernst Bloch erprobte sich: „Aber es ist ebenso ein nicht vorhandenes Italien, das so im Gemüte steht, es ist état d'âme, die Landschaft dieser Sehnsucht selbst, ihr Orplid.“
Und und zuvor: „Die Insel hieß Orplid, und ihre Lage dachte man sich im Stillen Ozean zwischen Neuseeland und Südamerika.“ (Bloch, Ernst: Das Prinzip Hoffnung) – Mannundfrau darf noch suchen in literar-sophischen GeWässern ...




Montag, 12. Februar 2018

Keine Kamellen! Keine Tabletten! N u r H E I N E !

Keine? Oder  H E I N E ?


Koschere K A M E L L E N - v e g a n  dazu!

Oh, Karneval - oh  K o r f   an der  K ü s s e l -
Keine, kardon: Heine – müsste wohl kacheln, ach, kachen – zumindsst lächeln - und so wäre Lachen keine (beste) Medizin mehr! So wollen Minderheiten ihren Stacheldraht mit Kamellen* hochziehen (zum Durchmarschieren, bis man beim Trinken nicht mehr Tag von Nacht unterscheiden kann, wie auf Purim?
»Die Bonbons sind vegan, ohne tierische Gelatine«, wird versichert.

Pardon. Kaschieren. Kaschieren kommt von kaschern!)
Ob er Lust hätte, eine seiner Harpunen zu nutzen?

* (...) wenn ich kein großer Walfischjäger geworden, so liegt die Schuld weder an Niels Andersen noch an mir, sondern an meinem bösen Schicksal, das mir nicht vergönnte, auf meinen Lebensfahrten irgendeinen Walfisch anzutreffen, mit welchem ich einen würdigen Kampf bestehen konnte. Ich begegnete nur gewöhnlichen Stockfischen und lausigen Heringen. Was hilft die beste Harpune gegen einen Hering? - [DieGötter im Exil (1853/ deutsch 1854)]

Dass der Nicht-Mehr-Jude Heine den jüdischen Goethe für die deutschen Narren abgeben soll auf einer Wagenplattform, ohne dass er seine Harpunen einsetzen kann – komischer Karneval!
  • Kit Karpunen kegen koschere Kamellen?
  • Wenn denn jemand seinen Mund aufmachte ob des verderblichen Zuckerwerks, könnte HH ihn über-zeugen, mittels poetischer Zahnbohrungen, sprich: dentaler Harpunen:
 
H H
in: Prinzessin Sabbath (in: Romanzero. 1851)

Schalet ist des wahren Gottes 

Koscheres Ambrosia,
Wonnebrot des Paradieses,
Und mit solcher Kost verglichen
Ist nur eitel Teufelsdreck

Das Ambrosia der falschen
Heidengötter Griechenlands,
Die verkappte Teufel waren.
Speist der Prinz von solcher Speise,

Glänzt sein Auge wie verkläret,
Und er knöpfet auf die Weste,
Und er spricht mit selgem Lächeln:
»Hör ich nicht den Jordan rauschen?

Sind das nicht die Brüßelbrunnen
 In dem Palmental von Beth-El,
Wo gelagert die Kamele? (...)“

Koscher(ei) – eine Narretei, die vom Volkstümlichen ins Nationale verclickert ist, wie das Kaschern, das Kochermachen .,, mit Dampfstrahl.)



Oh  H a h n  - ob  H e i n e?
Nun-gut: Franz  K a f k a:

Pessachfest. Eine Vereinigung reicher Juden mietet eine Bäckerei, ihre Mitglieder übernehmen alle Verrichtungen bei der Herstellung der sogenannten Achtzehn-Minuten-Mazzes für die Oberhäupter der Familien: das Holen des Wassers, das Kaschern, das Kneten, das Schneiden, das Durchlochen.“ (In Tagebüchern, am 3. Nov. 1911)

Dazu Kafka selbsten am 25. Dez, - man könnte - ob Heine oder Gothe auf den kulturell-integrativen Verdacht kommen, da würden K & G-Kulissen geschoben, um volkstümlich oder heimatlich sich zu ver-geben!

Goethe hält durch die Macht seiner Werke die Entwicklung der deutschen Sprache wahrscheinlich zurück. Wenn sich auch die Prosa in der Zwischenzeit öfters von ihm entfernt, so ist sie doch schließlich, wie gerade gegenwärtig, mit verstärkter Sehnsucht zu ihm zurückgekehrt und hat sich selbst alte, bei Goethe vorfindliche, sonst aber mit ihm nicht zusammenhängende Wendungen angeeignet, um sich an dem vervollständigten Anblick ihrer grenzenlosen Abhängigkeit zu erfreuen. 

Und die Etymologie?
"koscher Adj. ‘sauber, einwandfrei, unverdächtig, unbedenklich, rein, den jüdischen Speisevorschriften entsprechend’. Jidd. koscher ‘nach jüdischen Speisegesetzen rein und ohne religiöse Bedenken genießbar’ (aus hebr. kāšēr ‘rein') ist seit der 1. Hälfte des 18. Jhs. in dt. Texten bezeugt; mit der in der Studentensprache übertragenen und erweiterten Bedeutung ‘sauber, ehrlich, mit rechten Dingen zugehend’ wird es breiteren Kreisen bekannt.“ - Wer semantisch intelligent ist, kann "kaschieren" simultan integrieren...

Ich klaube - von Schmerzlichkeiten gepiesakt - in der Apothekeskiste: Wow, Karnevaleskes? - Welche d r ö g e n  Tabletten denn für  h e u t e?

Okay –

Keine! 
Und nicht   G  o  e  t  h  e  -  nur:  H  E  I  N  E!


Montag, 15. Januar 2018

Zwischen den Fugen des GEHENS ... ein Veilchen wuchs.
auch im WINDer noch, als WEGkundig ich such's...
Ein Blatt am Z W EI Ge:


»Willst du wider ein fliegend Blatt so ernstlich sein, und einen dürren Halm verfolgen ?« (Hiob 13,25

GEFUNDEN. AUFGEHOBEN. GELESEN. ERHALTEN.

Eine Stefan-Zeig-Adaption. (Oder: KonJunktion? KomPosition?)


RAINER MERKEL
Die Geschichte des Kusses von 1982


»Aber da fuhren ihre beiden Hände, die offenbar wartend auf der Decke gelegen, plötzlich empor. Wie Klammern umpreßten sie von beiden Seiten, ehe ich den Kopf wegwenden konnte, meine Schläfen und rissen mir den Mund von der Stirne nieder an ihre Lippen. So heiß, so saugend und gierig preßten sie sich an, daß die Zähne die Zähne berührten, und gleichzeitig wölbte und spannte sich drängend ihre Brust empor, um meinen herabgebeugten Körper zu berühren, zu spüren. Nie in meinem Leben hab ich mehr einen derart wilden, einen so verzweifelten, einen so durstigen Kuß empfangen wie von diesem verkrüppelten Kind.« Stefan Zweig, 'Ungeduld des Herzens'


Kann es tatsachlich so gewesen sein, dass ich mit meiner ersten Freundin nur aus Mitleid zusammen gewesen bin? Dass ich ihr nur aus Mitleid die Treue gehalten habe? In dem Jahr kurz vor dem Abitur, als ich anfing, Ungeduld des Herzens zu lesen, das Jahr, das dann auf einmal gegen alle Zeitrechnung mitten im Sommer in den Katakomben der Dortmunder Westfalenhalle endete. Oder ist es nicht vielmehr umgekehrt gewesen? Meine damalige Freundin, mit der ich zusammen das Abitur bestehen wollte, ist mit mir nur aus Mitleid zusammengeblieben.
Ich erfahre von einem Freund, dass meine Freundin eigentlich gar nicht meine Freundin ist. Er ist Sozialpädagoge und schon ein bisschen älter. Er erklärt es mir am Telefon, bei der Planung unserer Fahrt zur Dortmunder Westfalenhalle, während er mich gleichzeitig geschickt auszufragen versucht. »Also ihr seid schon zusammen gewesen? Aber dann, sagst du, ist noch gar nichts passiert ... « Er ist in der katholischen Kirche engagiert, von dort








<Ein stiller, stillgelegter BRUNNEN uner ZWEIGen >

.. ein K e r l, aufgeweckt für den Bereitschaftsdienst

 Lisa Kreitmeir (1973): Kerl, der durchs Bild läuft, von der Treppe herab... - sich zu erinnern versucht! [Ausschnitt aus'Szene im Bauerntheater']

Von der Treppe herabsteigend, sich vergeblich an den wüsten Schädel fassend:  ein Mann nach ver- oder durchsoffener Nacht:


Er braucht .. ZEIT ... zum WIEDER_Erwachen, bis er lesen kann?

Aber - er findet sie, die Zeit - nach ausdauernder Dusche mit mehrmaligem Kaltschwall - freilich erst am späten NachMittag ... liest er wieder, Gottseidank: Wilhelm Lehmanns "Signale"... - sucht ein DankeSchön an die NATUR.

Ach, D i e n s t  ist  D i e n s c h t!

Hic est servitium (-i, n.)


Oder - ich mach mich FREI:

Anton  Stephan  R e y n t j e s:


E i n g e L i e f e r t


"Dr. Klinkhammer? Patientin!"
Aber noch reißt es ihn nicht von seinem Diktierstuhl. Er nimmt den nächsten Fallbericht zur Hand.
"Herr Doktor, bitte. Die Frau ist ganz verwirrt. Ich binde sie fester. Jetzt pulkt und plörrt sie an ihrer Jacke herum. Ich muß die Hände schon festhalten. Was will sie? Ich kann nicht verstehen, was sie murmelt."
Jetzt wird der Stuhl zurückgeschoben.
"Lesen Sie mal die Einweisung vor."
"Frau Metelen. Gerda-Maria."
"Was, bitte?"
"Me-te-len, geb. 17.01.22."
"Lassen Sie sehen!" Der Stuhl ruckt weg, vom Fuß weggeschubst. Der Arzt ist schon herbeigetreten.
"Tante. Das ist meine Tante. Schwester, lesen Sie alles vor."
"Ja - warten Sie. - Sie kommt aus dem Stift an der Mollbecke."
"Das weiß ich. Sie lebt dort im Seniorenheim seit fünf Jahren oder sechs. - Di-ag-nose, bitte!"
"Hier. Kaum zu lesen. Extraktion der verbliebenen Eigenzähne, beidseitig, oben und unten."
"Was wollen die? Lassen Sie sehen. Ach, die Frau Dr. Hanni Kruckmann. Doctora dentalis."
Sie meinen, .. dentis?“
Die Schwester schaut den Stationsarzt fragend an.
"Der Frau sollen die wenigen Zähne noch gezogen werden? Und dann? Wollen die sie mit einer Sonde ernähren? Für den Rest ihrer Tage? Da im Heim?"
"Das können sie auch mit den restlichen Zähnen. Geht doch prima! - Aber sie trug schon ein gutes Gebiß. Bevor sie da ins Heim zog, hat sie sich die Zähne reparieren lassen. Meine Schwester hat ihr damals den Umzug organisiert. Und meine Mutter die Rechnungen überwiesen. War ein Prachtgebiß für über 6000. in Euro!.
Kann ich mir einmal im Leben leisten, hat sie damals gesagt. Dafür hat mein Mann 38 Jahre im Kohlendreck malocht! Das soll jetzt nur so blitzen in meinem Zuckermündchen!
Das Gebiss hat man ihr rausgenommen. "Konnte es nicht mehr repariert werden? Komisch!"
Der Arzt, tätschelt leicht die Wange links, die Wange rechts. "Tante Gerda? Tantchen? - Ich bin's, dein Neffe. - Mit zwei FF, wie du immer sagst."
Aber Frau Metelen ist eingeschlafen.
Sie wird zwischengeparkt.
*
Der Arzt telefoniert mit der einweisenden Ärztin.
"Haben Sie selber einmal bei einem solchermaßen erschwerten Essen teilgenommen? Ich meine natürlich: zugesehen? - Ah, Sie haben sich auf die Angaben der Heimleiterin verlassen. - Pflegesatzverordnung? - Aber mit Frau M. haben Sie auch nicht über ihr Gebiß gesprochen. - Ach, das ging nicht mehr. - Ständig verwirrt? - Und dann stillgestellt, aha. - Temporär, meinen Sie? - Nicht simpel abgestellt? - Ja, welche Dosis? - Ja, ich verstehe. - Aber wie können Sie denn, bei fehlender Patientenkontrolle über den Mundraum und insbesondere die Zunge - wie können Sie davon sprechen, dass Fr. M. bei dem neuen Vollgebiß reagieren und kontrolliern kann, wie das Gebiß sitzt? - Aha, Erfahrungswerte? - G n a t o-logisch, ahja. - Ich verstehe das aber richtig, ihr bisheriges Gebiß ist noch tadellos? - Das liegt noch in der Schublade! - Können Sie die Diagnose objektivieren? - Ja, ich selber werde noch meinen Chef konsultieren. - Äh, das habe ich natürlich schon. - Und unser Meinung steht fest. -- Bitte? Ich werde die Extraktion nicht vornehmen. - Ja, das können Sie. Aber Sie können mir glauben, dass ich auch in den zwei anderen Korthusener Krankenhäusern die chirurgischen Abteilungen informieren kann ... - Ja, wohl, ganz wie - das können Sie. - Kann ich mir vorstellen, dass Sie da ans Knappschaft in Bochum denken? Aber da arbeitet der Schwager meines Chefs. - Ja, davon können Sie ausgehen. - Und, ich will Ihnen noch eins sagen, zum Abschluß, Frau Kollegin. Ich lasse hier ein Aufnahmegerät schon mitlaufen. Nur so, prophylaktisch. - Schun Sie doch - bitte: Frau M. ist meine Verwandte, ja, meine Tante. Sie haben sie zufällig hier ins Barbara-Hospital einliefern lassen. Ich bin zufällig Arzt hier. Ich habe heute zufällig Dienst für meinen Kollegen, der gestern geheiratet hat. Ich habe Morgendienst in der Ambulanz, zufällig. Und ich soll zufällig meine Tante operieren in Vollnarkose."
Klack. Die Leitung ist tot.
Der Arzt spricht weiter, das Band läuft mit: "Ich habe zufällig einen Vorfall mitbekommen. Ich komme zufällig auf die Idee, dass da jemand ärztlich was veranlassen will, was Geld bringt, für den Einweisenden, für den Zahnarzt, fürs Dentallabor. Für den Zahntechniker. Ach - vielleicht auch für die Leiterin eines Altersheimes. Ich werde diesen Vorgang zurückverfolgen -“
Ja, zufällig?"
"Ja" - Zufällig war ich im Dienst. Hier! - Und habemich eerinnert, wie Tante wennSie zu Kaffe und Obsttore angerückt kamen, zwischendurch in Mutters Küche schlich, sich Kartoffelpüree auf einen Löffel - ja, aus dem Kühlschrank - nahm und sich die Zähnchen einbalsamierte, wie sie sagte."
(...)
" Wie? Ob ich spaße? - Da machen Sie mal Bereitschaft!" 
Er stoppt das Band.

Ein Wässerchen an der Mollbecke





Sonntag, 14. Januar 2018

Von den S c h u l e n und ihrer S ü n d HAFTigkeit

Wie ein GeHEIM-Orden - 'Quos GAESdonck iunxit, iunctos ...'


Von den  W i d e r -Sprüchen in den familialen FORMEN und den Schulen ...
















Stefan Z W E I G  beich- padon: berich-tete von ihnen:



Stefan   Z  w  e  i  g :


„Einzig aus dieser sonderbaren Einstellung ist es zu verstehen, daß der Staat die Schule als Instrument zur Aufrechterhaltung seiner Autorität ausbeutete. Wir sollten vor allem erzogen werden, überall das Bestehende als das Vollkommene zu respektieren, die Meinung des Lehrers als unfehlbar, das Wort des Vaters als unwidersprechlich, die Einrichtungen des Staates als die absolut und in alle Ewigkeit gültigen. Ein zweiter kardinaler Grundsatz jener Pädagogik, den man auch innerhalb der Familie handhabte, ging dahin, daß junge Leute es nicht zu bequem haben sollten. Ehe man ihnen irgendwelche Rechte zubilligte, sollten sie lernen, daß sie Pflichten hatten und vor allem die Pflicht vollkommener Fügsamkeit. Von Anfang an sollte uns eingeprägt werden, daß wir, die wir im Leben noch nichts geleistet hatten und keinerlei Erfahrung besaßen, einzig dankbar zu sein hatten für alles, was man uns gewährte, und keinen Anspruch, etwas zu fragen oder zu fordern. Von frühester Kindheit an wurde in meiner Zeit diese stupide Methode der Einschüchterung geübt. Dienstmädchen und dumme Mütter erschreckten schon dreijährige und vierjährige Kinder, sie würden den ›Polizeimann‹ holen, wenn sie nicht sofort aufhörten, schlimm zu sein. Noch als Gymnasiast wurde uns, wenn wir eine schlechte Note in irgendeinem nebensächlichen Gegenstand nach Hause brachten, gedroht, man werde uns aus der Schule nehmen und ein Handwerk lernen lassen – die schlimmste Drohung, die es in der bürgerlichen Welt gab: der Rückfall ins Proletariat –, und wenn junge Menschen im ehrlichsten Bildungsverlangen bei Erwachsenen Aufklärung über ernste zeitliche Probleme suchten, wurden sie abgekanzelt mit dem hochmütigen »Das verstehst du noch nicht«. An allen Stellen übte man diese Technik, im Hause, in der Schule und im Staate. Man wurde nicht müde, dem jungen Menschen einzuschärfen, daß er noch nicht ›reif‹ sei, daß er nichts verstünde, daß er einzig gläubig zuzuhören habe, nie aber selbst mitsprechen oder gar widersprechen dürfe. Aus diesem Grunde sollte auch in der Schule der arme Teufel von Lehrer, der oben am Katheder saß, ein unnahbarer Ölgötze bleiben und unser ganzes Fühlen und Trachten auf den ›Lehrplan‹ beschränken. Ob wir uns in der Schule wohl fühlten oder nicht, war ohne Belang. Ihre wahre Mission im Sinne der Zeit war nicht so sehr, uns vorwärtszubringen als uns zurückzuhalten, nicht uns innerlich auszuformen, sondern dem geordneten Gefüge möglichst widerstandslos einzupassen, nicht unsere Energie zu steigern, sondern sie zu disziplinieren und zu nivellieren.

Ein solcher psychologischer oder vielmehr unpsychologischer Druck auf eine Jugend kann nur zweierlei Wirkung haben: er kann lähmend wirken oder stimulierend. Wie viele ›Minderwertigkeitskomplexe‹ diese absurde Erziehungsmethode gezeitigt hat, mag man in den Akten der Psychoanalytiker nachlesen; es ist vielleicht kein Zufall, daß dieser Komplex gerade von Männern aufgedeckt wurde, die selbst durch unsere alten österreichischen Schulen gegangen. Ich persönlich danke diesem Druck eine schon früh manifestierte Leidenschaft, frei zu sein, wie sie in gleich vehementem Ausmaß die heutige Jugend kaum mehr kennt, und dazu einen Haß gegen alles Autoritäre, gegen alles ›von oben herab‹ Sprechen, der mich mein ganzes Leben lang begleitet hat. Jahre und Jahre ist diese Abneigung gegen alles Apodiktische und Dogmatische bei mir bloß instinktiv gewesen, und ich hatte schon vergessen, woher sie stammte. Aber als einmal auf einer Vortragsreise man den großen Hörsaal der Universität für mich gewählt hatte und ich plötzlich entdeckte, daß ich von einem Katheder herab sprechen sollte, während die Hörer unten auf den Bänken genau wie wir als Schüler, brav und ohne Rede und Gegenrede saßen, überkam mich plötzlich ein Unbehagen. Ich erinnerte mich, wie ich an diesem unkameradschaftlichen, autoritären, doktrinären Sprechen von oben herab in all meinen Schuljahren gelitten hatte, und eine Angst überkam mich, ich könnte durch dieses Sprechen von einem Katheder herab ebenso unpersönlich wirken wie damals unsere Lehrer auf uns; dank dieser Hemmung wurde diese Vorlesung auch die schlechteste meines Lebens. 


(Aus: Die Welt von Gestern. Kapitel: Die Schule im vorigen Jahrhundert)















Als ich bei ZWEIG von den sog. schola anno 1900, offiziell dem HUMANismus – las, wusste ich, warum ich in meiner
SCHUL_Zeit (bis 1965, an einer klassischen PENne, hoch-gepriesen und hochgradig WÜRDE-los – nur durch NOT-Handlungen mein Über-LEBEN sichern konnte: Lesen war mein erstes GeBOT- aus TOTem mir LEBEn auferSTEHen lassen.


Ein anderer ZÖGling, ein anderer SchmerzensFall, fiktiv - aber auch er real-erlitten:



„'Non scholae sed vitae: es ist Alles für das Leben, was Ihr lernt, nur zu Eurem eigenen Besten!' predigen sie; - ja, sieht denn nicht Jeder, daß sie mit diesem allerfrechsten Schwindel uns nur Dreck in die Ohren schmieren, damit wir die Stimme der Vernunft nicht hören! - daß sie mit ihm nur ihrer tristen Pedanterie eine Art Weihe und Würde erschleichen!“ (Strauß, Emil: Freund Hein, Berlin: 1902)


Meine Schule - mit KIrche und Kapelle- parat für die NOT_VerRICHTungen von ZÖGlingen, denen eine  SÜNDE - mittels poena ferendae sententiae - zur Last gelegt wird, die die Eigen-Leiblichkeit als manustupratio aut pollutio - statt mit AufKlÄRung - schändet:
< Dorten: ein BEICHT- kein BERICHTstahl >



Diese PENne, ein staatlich legitimiertes Collegium samt Gymnasium

Ein Konabiturient nennt diese Schule „Wiege der Bildung“ - ein anderer „Vorhof des Klosters – „



oder "Kaserne des Bischofs“, für klösterlische Zicht und Züchtigungsvotgänge in mönchischer Tradition (griech. μοναχός (monachos), von monos, „allein“, abgeleitet).

 

Samstag, 13. Januar 2018

Jakob MENDELs Weg durch Konzentrationslager

Konzentrationslager? 

Ja -


Herr Jakob Mendel geriet in die idiotische Querelen des GROßEN Krieges: Stefan ZWEIG berichtet uns von dieser quälenden, qualvollen Etappe des kuk-Habsburger Kaiser-Reiches. Her Jakob Mendel geriert wg. seine ruthenischen Abstammung in Mißkredit, in Ablehnung, in Ausweisung in eines jener Speziallager, die das ÖsterReicher Militär aus dem Boden stammten – um Menschen zu massakrieren:



                                                                                                            
GeFUNDen ... des WEGs   RISS eines Kaninchens
 


                                                                                                                  
SZ erzählt uns von dem Antiquar, der sein eigenes AbBILD, als BücherLIEB_Haber, als FreiGEIST, als HUMAnist ist:


Die beiden starrten den vor Unsicherheit schon leicht schwitzenden Jakob Mendel an, als sei der Mond mitten in ihr Bürozimmer gefallen. Dann rasselte das Telephon, knackten die Schreibmaschinen, liefen die Ordonnanzen, und Jakob Mendel wurde dem Garnisonsgefängnis überantwortet, um mit dem nächsten Schub in ein Konzentrationslager abgeführt zu werden. Als man ihm bedeutete, den beiden Soldaten zu folgen, starrte er ungewiß. Er verstand nicht, was man von ihm wollte, aber eigentlich hatte er keinerlei Sorge. Was konnte der Mann mit dem goldenen Kragen und der groben Stimme schließlich Böses mit ihm vorhaben? In seiner obern Welt der Bücher gab es keinen Krieg, kein Nichtverstehen, sondern nur das ewige Wissen und Nochmehrwissenwollen von Zahlen und Worten, von Titeln und Namen. So trollte er gutmütig zwischen den beiden Soldaten die Treppe hinunter. Erst als man ihm auf der Polizei alle Bücher aus den Manteltaschen nahm und die Brieftasche abforderte, in der er hundert wichtige Zettel und Kundenadressen stecken hatte, da erst begann er wütend um sich zu schlagen. Man mußte ihn bändigen. Aber dabei klirrte leider seine Brille zu Boden, und dies sein magisches Teleskop in die geistige Welt brach in mehrere Stücke. Zwei Tage später expedierte man ihn im dünnen Sommerrock in ein Konzentrationslager russischer Zivilgefangener bei Komorn.

Was Jakob Mendel in diesen zwei Jahren Konzentrationslager an seelischer Schrecknis erfahren, ohne Bücher, seine geliebten Bücher, ohne Geld, inmitten der gleichgültigen, groben, meist analphabetischen Gefährten dieses riesigen Menschenkotters, was er dort leidend erlebte, von seiner obern und einzigen Bücherwelt abgetrennt wie ein Adler mit zerschnittenen Schwingen von seinem ätherischen Element – hierüber fehlt jede Zeugenschaft. Aber allmählich weiß schon die von ihrer Tollheit ernüchterte Welt, daß von allen Grausamkeiten und verbrecherischen Übergriffen dieses Krieges keine sinnloser, überflüssiger und darum moralisch unentschuldbarer gewesen als das Zusammenfangen und Einhürden hinter Stacheldraht von ahnungslosen, längst dem Dienstalter entwachsenen Zivilpersonen, die viele Jahre in dem fremden Lande als in einer Heimat gewohnt und aus Treugläubigkeit an das selbst bei Tungusen und Araukanern geheiligte Gastrecht versäumt hatten, rechtzeitig zu fliehen – ein Verbrechen an der Zivilisation, gleich sinnlos begangen in Frankreich, Deutschland und England, auf jeder Scholle unseres irrwitzig gewordenen Europa. Und vielleicht wäre Jakob Mendel wie hundert andere Unschuldige in dieser Hürde dem Wahnsinn verfallen oder an Ruhr, an Entkräftung, an seelischer Zerrüttung erbärmlich zugrunde gegangen, hätte nicht knapp rechtzeitig ein Zufall, ein echt österreichischer, ihn noch einmal in seine Welt zurückgeholt. 
                                              [SZ: Buchmendel. Erzählungen. 2007. S. 220]


Dass Herr Jakob Mendel noch einmal nach dem Orlog Nr. I in Europa nach Wien zurückkehren darf – ist nur eine kleine Etappe auf dem WEG in seine VerNichtung, durch ein UmWELT, die seiner BuchKUNST nicht beDARF: einer VorGESCHICHTE, wie sie Stefan Zweig persönlich und alle frei-geSINNten Menschen erLEBEN mussten; bis sie - die FREIheit uns als GeSCHENK von den Alliierten gegeben wurde:

Libertas est potestas faciendi id, quod iure licet.

Ein VogelKIND, getötet ... von-ich-weiß-nicht-wem.

JZ spricht von Konzentrationslagern. Solchd Evidenz, solche veritas ... ist in Geschichtsbüchern verloren gegangen.
Solcher Art, pardon: UnART möchte mann in felix Austria nicht gerühmt – oder ihretwegen berühmt werden.


ZWEIG-lich: Von B A U M E N - den SPRECHenden




Von den Bäumen:











                                           Stefan Zweig bei seinem ersten Brasilienbesuch, 1936 
                                                                              - Casa Stefan Zweig, Petrópolis -







In SALZ_Burg (im Hintergrund), nachDENKl-ICH vor der SONNE -





... ver Z W E I G T - eine baumstarke S a t i r e

In  P e t e r h o f - eine R E A L - Satire
T a n z  - in  St.  Petersburg:



















ZWEIG als Satirenschreiber, bitt sehr:

S a t i r e  - oh, ja! - Auch im Werk von Stefan Zweig, genannt mein letzter großer Dichter, dem ich mich zeitLEBENs noch widme:


S t e f a n  Z w e i g: 
 
Die zehn Wege zum deutschen Ruhm

Der deutsche Ruhm ist, solange die Kritik bei uns nicht kritisch, sondern sentimental ist, eine Angelegenheit nicht des Verdienstes, sondern der Geschicklichkeit. Ein paar Ratschläge seien Jüngeren und Auftretenden darum gegeben:

D e r  e r s t e: Pflege deinen Körper, damit du alt werdest. Der deutsche Ruhm wächst nicht aus Werken, sondern aus Jubiläen. Die Kunst, berühmt zu werden, geht Hand in Hand mit Diätetik, der Kunst der Langlebigkeit. Du musst fünfzig Jahre werden, dann sechzig und siebzig. Mit achtzig, wenn du's erlebst, bekommst du den Nobelpreis.
D e r  z w e i t e: Schreibe viel und kümmere dich nicht um Qualität. Non multum sed multa. Wir leben in einem Lande, wo Tüchtigkeit sichtbar sein will und Fleiß als Tugend, ja als Talent gilt. Sei umfangreich in deinen Werken, solange Langeweile noch mit Literatur identisch ist. Ändert sich der Geschmack, so ändere dich mit.
D e r  d r i t t e: Sei allgegenwärtig in deinen Veröffentlichungen. Das Odol-Prinzip muss das deine sein, man muss dir nicht entfliehen können.
D e r  v i e r t e: Darum unterzeichne alles, was dir an Aufrufen, Rundfragen, Kommunikationen in die Hände kommt, ob es dich etwas angeht oder nicht. Erwecke den Anschein universalen Interesses, sei überall beteiligt, wo du nicht hingehörst, und menge dich in die fremdesten Angelegenheiten. Denn dies gilt als Kennzeichen, dass man kein Literat ist, sondern ein Dichter. Wird es wieder geschmackvoll, Literat zu scheinen, so . . . vide den zweiten Ratschlag.
D e r  f ü n f t e: Schaffe dir eine Spezialität, irgendeine Etikette zur Bequemlichkeit für die Literaturgeschichtsfabrikanten. Man gibt dir sonst eine unbequeme, also affichiere dich lieber selbst. Findest du keine, so nenne dich den deutschen X und setze für das X den Namen eines dir sympathischen Ausländers. Es braucht ja nicht zu stimmen, ist nur Formalität (wie das Schreiben überhaupt). Das einzig Wichtige ist, bekannt zu werden.
D e r s  e c h s t e: Sei eine Zeitlang verkannt, oder scheine es, das macht Freunde. Hast du mit einem Buch viele Auflagen, so verschweige sie. Es gilt sonst als schlecht.
D e r  s i e b e n t e: Sei persönlich umgänglich. Tritt in alle Vereine deiner Vaterstadt ein, korrespondiere mit den andern. Vergiss nie zu gratulieren (besonders wenn es in die Zeitung kommt). Jungen Dichtern (den alten übrigens - auch) schreibe immer begeistert. Deinem Verleger empfiehl jeden, der dich darum bittet, in glühenden Worten, warne ihn aber immer zuvor privatim. Halte Reden, wo irgend es geht, zu Jubiläen und Begräbnissen, beides steht dir ja selber bevor (vide Ratschlag eins).
D e r  a ch t e: Habe von Zeit zu Zeit einen kleinen Unglücksfall oder werde krank. Je gefährlicher, desto besser. Vergiss nicht, dass Tolstoi, Strindberg und andere immer erst den Alarm ihres Todes erwecken mussten, damit man überhaupt merkte, dass sie in unserer Zeit leben (indessen man es von Otto Ernst und Fulda jederzeit wusste*). Überhaupt: Nimm dir ein Beispiel an den Letzteren. Die können die Kunst!
D e r  n e u n t e: Wenn du verheiratet bist, führe gute Küche und habe gute Klubsessel sowie Zigarren. Die Bücher sind Nebensache, die guten Freunde, da sie die Meinung machen, das einzig Wichtige. Kunst ist ja nur Meinungssache, weshalb es ein Fehler ist, sich um die Kunst zu bemühen statt um die Meinung. Die Letztere ist leichter herumzukriegen, also halte dich an sie. -

D e r  z e h n t e : Sei unbesorgt um den Nachruhm. Du kannst ihm in Deutschland nicht entgehen. In München ist ein Verleger, der druckt die ganze Weltliteratur noch einmal, da kommst du auch an die Reihe. Auch deine Briefe werden gedruckt – es gibt ja genug Leute bei uns mit dem Lebensideal, Unnötiges und Gleichgültiges herauszugeben. Sie werden dafür zuerst Dozenten, dann Professoren und sind, solange du lebst, deine Widersacher. Drum stirb – aber erst nach mehreren Jubiläen, vide Ratschlag eins – denn in ihnen lebst du weiter. Das ganze dichterische Lebenswerk ist ja immer nur ein Vorwand für einen Späteren, dazu eine Einleitung zu schreiben, und für den Verleger, mit honorarfreien Autoren die Lebendigen zu schädigen. Also hüte dich, ein Zeitgenosse zu sein.

Alle zehn Tipps befolgt? Dann haben Sie - wenn Sie nach den Gesetzen der Satire - sich selbst die I n t e n t i o  e x  n e g a t i v o  geBILDet haben - die AusS A G E, deren sich ZWEIG sich so ästhetisch  bemühte ...
Vice versa  - die M Ü H E  solle nicht ENDEn.

E-Druck: In: Der Ruf. Wien, Faschingsausgabe 1912. Die zehn Wege zum deutschen Ruhm.

Eine Rechenaufgabe f r junge Schriftsteller von Stefan Zweig.


Neu in: Klemens Renoldner (Hg.): Stefan Zweig – „Ich habe das Bedürfnis nach Freunden“. Erzählungen, Essays und unbekannte Texte. Gebunden, 521 Seiten. Format: 13,5 x 21,5 cm. Wien/Graz/Klagenfurt: Styria Verlag (premium), 2013.
- GeFANGEN  auf einem WOCHENmarkt - ihm winkt kein NOBELPreis -
Ad fontes: zurück zum Text!

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Dienstag, 9. Januar 2018

'Brief - B l a t t am Z W E I Ge eines B A U M E S der Menschen



SalzBurg: Stefan-Z w e i g-Weg (Aufgang zum KapuzinerBerg 5) 






Hinauf ins Luftige, ins F r e i e, ins Höhere, ins (zu fast allen Stunden ...) EinSame, für ... wer es erStrebt, wem es beHagt.





Den bildlichen  G e-  oder Ver - Boten zum Trotz ... ein  beSonderer  W e g - der Füße - und des  G e i s t e s -


Ein Blatt - ein Brief an einen Buchhändler



- Guten Tag – lieber ...

Für mich, als (ehemaliger) Buchhändler, ist es immer noch verwirrend, dass ich in thematischen Bücher- oder Lese(r)-Anthologien niemals diesen "Buchmendel" fand;
ob daran die Vergabe der Lizenzrechte bei S. Fischer Schuld tragen, die man nicht vergeben wollte für zu wenig Geld?)

Ich zitiere den 2. Absatz der Novelle:

"Unbeschäftigt saß ich also da [in einem Wiener Café] und begann schon jener trägen Passivität zu verfallen, die narkotisch jedem wirklichen Wiener Kaffeehaus unsichtbar entströmt. Aus diesem leeren Gefühl blickte ich mir einzeln die Leute an, denen das künstliche Licht dieses Rauchraums ein ungesundes Grau um die Augen schattete, schaute dem Fräulein an der Kasse zu, wie sie mechanisch Zucker und Löffel für jede Kaffeetasse dem Kellner austeilte, las halbwach und unbewußt die höchst gleichgültigen Plakate an den Wänden, und diese Art Verdumpfung tat beinahe wohl. Aber plötzlich ward ich auf merkwürdige Weise aus meiner Halbschläferei gerissen, eine innere Bewegung begann unbestimmt unruhig in mir, so wie ein kleiner Zahnschmerz beginnt, von dem man noch nicht weiß, ob er von links, von rechts, vom untern oder obern Kiefer seinen Ausgang nimmt; nur ein dumpfes Spannen fühlte ich, eine geistige Unruhe. Denn plötzlich – ich hätte es nicht sagen können, wodurch – wurde mir bewußt, hier mußte ich schon einmal vor Jahren gewesen und durch irgendeine Erinnerung diesen Wänden, diesen Stühlen, diesen Tischen, diesem fremden, rauchigen Raum verbunden sein. (...)" (SZ: Buchmendel)
                              http://gutenberg.spiegel.de/buch/die-unsichtbare-sammlung-7042/3





Für das Seminar biete ich natürlich die Einordnung in das Zweigsche Werk, das sehr zertreut ist - und erst heutigentags neu - bei S. Fischer, dann aber auch bei Zsolnay erscheinen wird, ab 2018.

Eine tolle Neuausgabe:
Stefan Zweig: Die Welt von Gestern. In der Neu-Kommentierung von Oliver Matuschek. Im S. Fischer Verlag. Ffm. 2017







Diese Freiheit nehme ich mir:

Freiheit - Gleichheit - Geschwisterlichkeit -

Diesen Ehrenspruch für DemoKraten finde ich auch in  S t e f a n  Z w e i g s  Werken realisiert.